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PHANTASIE in der Psychoanalyse

(comp.) Justo Fernández López

Diccionario de lingüística español y alemán

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Fantasía en la teoría psicoanalítica

 

Vgl.:

Phantasma / Einbildungskraft /Urphantasien / Nachträglichkeit / Bild / Symbol / Literatur / Poesie / Rhetorische Figuren / Rhetorik / Metapher / Kreativität 

 

Ausführliche Behandlung der Phantasie in der psychoanalytischen Theorie, in:

Pagel, Gerda: Narziss und Prometheus. Die Theorie der Phantasie bei Freud und Gehlen. Würzburg: Königshausen und Neumann, 1984.

Gondek, Hans-Dieter: Angst, Einbildungskraft, Sprache. Ein verbindender Aufriss zwischen Kant – Freud - Lacan. München: Klaus Boer Verlag, 1990.

„«Es geht um die Erforschung der Imaginationskraft des Menschen. Wenn der Psychiater den Puls daraufhin erfühlen könnte, wie die Phantasie zu retten sei, dann wäre die Welt zu retten» (Oskar Kokoschka).

Können wir zu dieser Aussage des Malers Oskar Kokoschka bei Freud eine Zustimmung finden? Die Welt wäre wahrhaftig nicht zu retten, wenn die Phantasie selbst als Rettung vor den Wirklichkeiten dieser Welt definiert ist. Bedeutet dies, dass derjenige, der in Harmonie mit der Welt leben will, auf seine Luftschlösser verzichten muss? Freund meint dazu: «Man darf sagen, der Glückliche phantasiert nie, nur der Unbefriedigte. Unbefriedigte Wünsche sind die Triebkräfte der Phantasie, und jede einzelne Phantasie ist eine Wunscherfüllung, eine Korrektur der unbefriedigten Wirklichkeit» (S. Freud: Der Dichter und das Phantasieren, GW VII, S. 216). Sind wir also unglücklich, wenn und weil wir Tagträume haben? [...] Freud bietet noch eine Alternative an – den Weg zur Kunst. Nur der Künstler, so betont Freud, besitzt das ‘rätselhafte Vermögen’, ein bestimmtes Material zu formen, bis es zum getreuen Ebenbilde seine Phantasievorstellungen geworden ist, und dann weiß er an diese Darstellung seiner unbewussten Phantasien so viel Lustgewinn zu knüpfen, dass durch sie die Verdrängungen wenigstens zeitweilig überwogen und aufgehoben werden.”

[Pagel, Gerda: Narziss und Prometheus. Die Theorie der Phantasie bei Freud und Gehlen. Würzburg: Königshausen und Neumann, 1984, S. 70]

„Die Tendenz in der Psychoanalyse, die Phantasie für etwas notwendigerweise Unbewusstes zu halten, ist eine Verlängerung des Gedankens, dass die früheste Phantasietätigkeit des Kindes, noch vor der Entwicklung des Ichs und des Bewusstseins, das Halluzinieren der Brust sei.“

[Cavell, Marcia: Freud und die analytische Philosophie des Geistes. Überlegungen zu einer psychoanalytischen Semantik. Stuttgart: Klett-Cotta, 1997, S. 275 Anm. 11]

Phantasie (engl. fantasy oder phantasy; frz. fantasme; ital. fantasia oder fantasma; sp. fantasía)

Imaginäres Szenarium, in dem das Subjekt anwesend ist und das in einer durch die Abwehrvorgänge mehr oder weniger entstellten Form der Erfüllung eines Wunsches, eines letztlich unbewussten Wunsches, darstellt.

Die Phantasie hat verschiedene Erscheinungsformen: bewusste Phantasien oder Tagträume, unbewusste Phantasien, die, wie es sich durch die Analyse erweist, einem manifesten Inhalt zugrunde liegen, so genannte Urphantasien (siehe unten).

I.       Der deutsche Ausdruck «Phantasie» bedeutet «Imagination»: Nicht so sehr das Vermögen, im philosophischen Sinne des Wortes zu imaginieren (Einbildungskraft). Freud hat diese verschiedenen Auffassungen der Phantasie übernommen. Im Französischen gelangte der Ausdruck fantasme erst durch die Psychoanalyse wieder zur Anwendung, und als solcher klingt mehr Psychoanalytisches in ihm an als in dem entsprechenden deutschen Ausdruck. Andererseits entspricht er diesem nicht genau, da seine Bedeutung begrenzter ist. Er bezeichnet diese besondere imaginäre Bildung und nicht die Welt der Phantasien, die imaginative Aktivität im Allgemeinen.

II.    Die Ausdrücke Phantasie, phantastisch verweisen auf den Gegensatz zwischen Imagination und Realität (Wahrnehmung). Macht man aus diesem Gegensatz einen Hauptbezugspunkt der Psychoanalyse, so kommt man dahin, die Phantasie als eine rein illusorische Produktion zu definieren, die einer korrekten Vorstellung vom Realen nicht standhalten würde. Bestimmte Textstellen bei Freu scheinen dies zu rechtfertigen. In Formulierungen über zwei Prinzipien des psychischen Geschehens (1911) stellt Freud der Innenwelt, die nach illusionärer Befriedigung trachtet, die Außenwelt gegenüber, die durch Vermittlung des Wahrnehmungssystems dem Subjekt progressiv das Realitätsprinzip aufnötigt.

Im gleichen Sinne wird oft angeführt, wie Freud die Bedeutung der Phantasie in der Ätiologie der Neurosen entdeckt habe: Freud, der zuerst die pathogenen Infantilszenen, die im Laufe einer Analyse auftauchen, als eine Realität angesehen hatte, gab diese erste Überzeugung bald endgültig auf und erklärte, dass ihm ein «Irrtum» unterlaufen sei: Die scheinbar materielle Realität dieser Szenen ist nur «psychische Realität»1.

Aber man muss hier sagen, dass der Ausdruck «psychische Realität» nicht streng synonym ist mit «Innenwelt», «psychologischem Umfeld» etc. Im tiefsten Sinne bezeichnet er bei Freud einen in diesem Feld heterogenen, resistenten Kern, der nur wirklich «real» ist, wenn man ihn mit den meisten psychischen Phänomenen vergleicht: «Ob den unbewussten Wünschen Realität zuzuerkennen ist, kann ich nicht sagen. Allen Übergangs- und Zwischengedanken ist sie natürlich abzusprechen. Hat man die unbewussten Wünsche, auf ihren letzten und wahrsten Ausdruck gebracht, vor sich, so muss man wohl sagen, dass die psychische Realität eine besondere Existenzform ist, welche mit der materiellen Realität nicht verwechselt werden soll».

Freuds Bemühen und das jeder psychoanalytischen Überlegung treffen sich gerade in dem Versuch, die Stabilität, die Wirksamkeit, den relativ organisierten Charakter des Phantasielebens des Subjekts zu erklären. Unter dieser Perspektive hat Freud, sobald sich sein Interesse auf die Phantasien konzentriert hatte, typische Formen phantasierter Szenarien, wie z.B. den «Familienroman», herausgestellt. Er lehnt es ab, sich in einen Gegensatz zwischen einer Auffassung, die der Phantasie keine Eigenrealität zuerkennt und in ihr nur einen imaginären Ausdruck sieht, die dazu bestimmt ist, die Realität der Triebdynamik zu verschleiern, drängen zu lassen. Die typischen Phantasien, die durch die Psychoanalyse gefunden wurden, veranlassten Freud, die Existenz unbewusster Schemata zu postulieren, die das individuelle Erleben transzendieren und die vererbt seien: die «Urphantasien».

III. Der Ausdruck «Phantasie» ist in der Psychoanalyse sehr weit verbreitet. Nach der Meinung mancher Autoren hat dies den Nachteil, dass die topische Stellung – bewusst, vorbewusst oder unbewusst – der entsprechenden Phantasiebildungen sehr unbestimmt bleibt.

Zum Verständnis des Freudschen Phantasiebegriffs empfiehlt sich, verschiedene Ebene zu unterscheiden:

1.    Was Freud mit dem Wort «Phantasie» bezeichnet, sind zunächst die Tagträume, Szenarien, Episoden, Romane, Fiktionen, die das Subjekt im Wachzustand ersinnt. In den Studien über Hysterie (1895) haben Breuer und Freud die Häufigkeit und die Bedeutung einer solchen Phantasieaktivität beim Hysterischen gezeigt und betont, dass sie oft «unbewusst» sind, ja sogar während Absencezuständen oder hypnoiden Zuständen vorkommen.

In Die Traumdeutung (1900) beschreibt Freud die Phantasien noch nach dem Vorbild der Tagträume. Er analysiert sie als Kompromissbildungen und zeigt, dass ihre Struktur der des Traumes vergleichbar ist. Diese Phantasien oder Tagträume werden von der sekundären Bearbeitung, einem Faktor der Traumarbeit, verwendet, die sich der Aktivität im Wachzustand am meisten annähert.

2.   Freud verwendet häufig den Ausdruck «unbewusste Phantasie», ohne dass dieser metapsychologisch immer genügend definiert ist. Mitunter scheint es, dass er damit einen unterschwelligen, Vorbewussten Tagtraum meint, dem sich das Subjekt hingibt und wovon es mehr oder weniger reflektiert Kenntnis nimmt. In Hysterische Phantasien und ihre Beziehung zur Bisexualität (1908) hält Freud die «unbewussten» Phantasien für Vorläufer der hysterischen Symptome und sieht sie in enger Verbindung mit den Tagträumen.

3.   Nach einer anderen Denklinie erscheint die Phantasie in einer sehr viel innigeren Beziehung zum Unbewussten. Im VII. Kapitel der Traumdeutung ordnet Freud bestimmte Phantasien, die mit dem unbewussten Wunsch verbunden sind und die am Ausgangspunkt des metapsychologischen Vorgangs der Traumbildung stehen, einer im topischen Sinne des Wortes unbewussten Ebene zu. Das erste Stück des «Weges», der zum Traum führt, «... spann sich progredient von den unbewussten Szenen oder Phantasien zum Vorbewussten».

4.   So ließen sich, ohne dass Freud dies ausdrücklich tut, mehrere Ebenen der Phantasie in seinem Werk unterscheiden: bewusst, unterschwellig, unbewusst. Aber es schient Freud mehr daran gelegen, die Verbindungen zwischen verschiedenen Aspekten hervorzuheben, als eine solche Unterscheidung zu treffen:

a)     Im Traum können die von der sekundären Bearbeitung verwendeten Tagträume in direktem Zusammenhang mit der unbewussten Phantasie stehen, die den «Kern des Traumes» bildet. «Die Wunschphantasien, welche die Analyse in den nächtlichen Träumen aufdeckt, erweisen sich oft als Wiederholungen und Umarbeitungen infantiler Szenen: die Traumfassade zeigt uns so in manchen Träumen unmittelbar den durch Vermengung mit anderem Material entstellten eigentlichen Kern des Traumes». So ist die Phantasie bei der Traumarbeit an beiden Enden des Vorgangs gegenwärtig: Einerseits ist sie mit dem tiefsten, unbewussten Wunsch, dem «Kapitalisten» des Traumes, verbunden, andererseits erscheint sie am anderen Ende in der sekundären Bearbeitung. Die beiden Enden des Traumes und die beiden Phantasieformen scheinen, wenn sie sich nicht vereinigen, wo wenigstens von innen her miteinander zu kommunizieren und sich gleichsam gegenseitig zu symbolisieren.

b)     Freud sieht in der Phantasie einen bevorzugten Punkt, an dem der Übergang von einem psychischen System zum anderen unmittelbar zu greifen ist: Verdrängung oder Wiederkehr des Verdrängten. Die Phantasien «... kommen nahe ans Bewusstsein heran, bleiben ungestört, solange sie keine intensive Besetzung haben, werden aber zurückgeworfen, sobald sie eine gewisse Höhe der Besetzung überschreiten».

c)      In seiner vollständigsten metapsychologischen Definition der Phantasie verbindet Freud diejenigen ihrer Aspekte miteinander, die scheinbar am weitesten voreinander entfernt sind: «Sie [die Phantasien] sind einerseits hochorganisiert, widerspruchsfrei, haben allen Erwerb des Systems Bw verwertet und würden sich für unser Urteil von den Bildungen dieses Systems kaum unterscheiden. Andererseits sind sie unbewusst und unfähig, bewusst zu werden. Sie gehören also qualitativ zum System Vbw, faktisch aber zum Ubw. Ihre Herkunft bleibt das für ihr Schicksal Entscheidende. Man muss sie mit den Mischlingen menschlicher Rassen vergleichen, die im großen und ganzen bereits den Weißen gleichen, ihre farbige Abkunft aber durch den einen oder anderen auffälligen Zug verraten und darum von der Gesellschaft ausgeschlossen bleiben und keines der Vorrechte der Weißen genießen».

Es scheint daher, dass die Freudsche Problematik der Phantasie nicht nur zu keiner Unterscheidung zwischen unbewusster und bewusster Phantasie führt, sondern vielmehr gerade darauf abzielt, die Analogien, die engen Beziehungen, die Übergänge zwischen ihnen zu kennzeichnen: «die klar bewussten Phantasien der Perversion, die unter günstigen Umständen in Veranstaltungen umgesetzt werden, die in feindlichem Sinne auf andere projizierten Wahnbefürchtungen der Paranoiker und die unbewussten Phantasien der Hysteriker, die man durch Psychoanalyse hinter ihren Symptomen aufdeckt, fallen inhaltlich bis in einzelne Details zusammen». In den imaginären Bildungen und den psychopathologischen Strukturen, die ebenso verschieden sind wie die, die Freud hier nennt, lassen sich der gleiche Inhalt, die gleiche Anordnung wieder finden, seien sie bewusst oder unbewusst, ausgeführt oder vorgestellt, vom Subjekt als die seinen angenommen oder auf andere projiziert.

Ebenso macht es sich der Analytiker in der Behandlung zur Aufgabe, die hinter den Produktionen des Unbewussten, wie dem Traum, dem Symptom, dem Agieren, den Verhaltensweisen mit Wiederholungscharakter etc., verborgene Phantasie herauszustellen. Der Fortschritt der analytischen Arbeit lässt sogar Verhaltensaspekte in Erscheinung treten, die von der imaginativen Aktivität sehr weit entfernt sind und bei oberflächlicher Betrachtung durch die alleinigen Forderungen der Realität beherrscht werden, wie Emanationen, «Abkömmlinge» unbewusster Phantasien. Unter dieser Perspektive erweist sich das Leben des Subjekts in seiner Gesamtheit als geformt durch etwas, das man, um seinen strukturierenden Charakter zu betonen, ein System von Phantasien nennen könnte. Dieses ist nicht nur als eine Thematik zu verstehen, und wäre es für jedes Individuum mit höchst besonderen Zügen gekennzeichnet; es enthält seine eigene Dynamik, die Phantasiestrukturen suchen sich auszudrücken, einen Weg zum Bewusstsein und zur Aktion zu finden und ziehen ständig neues Material an.

IV.  Die Phantasie steht in engster Beziehung zum Wunsch; ein Freudscher Ausdruck bezeugt dies: Wunschphantasie. Wie lässt sich diese Beziehung verstehen? Man weiß, dass der Wunsch für Freud seinen Ursprung und sein Vorbild im Befriedigungserlebnis hat: «Das erste Wünschen dürfte ein halluzinatorisches Besetzen der Befriedigungserinnerung gewesen sein». Soll das heißen, dass es die frühesten Phantasien sind, die danach streben, die halluzinatorischen Objekte wieder zu finden, die an die allerersten Erfahrungen des Aufkommens und der Lösung der innerer Spannung gebunden sind? Kann man sagen, dass die ersten Phantasien Objektphantasien sind, Phantasieobjekte, nach denen der Wunsch trachtet, wie das Bedürfnis nach seinem natürlichen Objekt?

V.     Die Beziehung zwischen der Phantasie und dem Wunsch scheint uns komplexer. Selbst in ihren am wenigsten bearbeiteten Formen erscheint die Phantasie nicht auf eine intentionale Absicht des wünschenden Subjekts reduzierbar.

1.       Es handelt sich um Szenarien, selbst wenn sie sich in einem einzigen Satz ausdrücken, um organisierte Szenarien, die in einer meist visuellen Form dramatisch dargestellt werden können.

2.      Das Subjekt ist in solchen Szenen immer gegenwärtig; selbst in der «Urszene», vor der es ausgeschlossen erscheinen kann, spielt es tatsächlich nicht nur als Beobachter, sondern als Beteiligter eine Rolle, der z.B. den elterlichen Koitus stört.

3.      Es wird nicht ein vom Subjekt erstrebtes Objekt vorgestellt, sondern eine Szene, zu der das Subjekt selbst gehört und in den Vertauschungen der Rollen, der Funktionen möglich sind (siehe hierzu besonders die Analyse der Phantasie Ein Kind wird geschlagen, 1919; man vergleiche auch die Umwandlungen der homosexuellen Phantasie im Fall Schreber).

4.      In dem Maße, in dem der Wunsch in die Phantasie verwoben ist, wird diese auch zum Ort der Abwehroperationen; sie stellt den Anlass dar für die frühesten Abwehrvorgänge, wie Wendung gegen die eigene Person, Verkehrung ins Gegenteil, Verneinung, Projektion.

5.      Solche Abwehrvorgänge sind ihrerseits unauflöslich mit der Hauptfunktion der Phantasie – der Wunschinszenierung – verbunden, einer Inszenierung, bei der das Verbot in der Position des Wunsches immer gegenwärtig ist.”

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1    Freud hat diese Wendung [«psychische Realität»] in seinem Denken wiederholt in Ausdrücken beschrieben, die zu der dargelegten Auffassung berechtigen. Aber ein aufmerksames Studium der Freudschen Konzeptionen und ihrer Entwicklung zwischen 1895 und 1900 zeigt, dass das, was Freud in seinem extremen Schematismus selbst dazu sagt, die Komplexität und den Reichtum seiner Ideen über den Status der Phantasie nicht deutlich werden lässt (für eine Interpretation dieser Periode vergleiche man Laplanche und Pontalis, «Fantasme originaire, fantasmes des origines, origine du fantasme», in: Les Temps modernes, 1964, Nr. 215, S. 1833-1868.

[Laplanche, J. / Pontalis, J.-B.: Das Vokabular der Psychoanalyse. Frankfurt/Main: Suhrkamp (stw 7), 1973, S. 388‑393]

Urphantasie (engl. primal phantasies; frz. fantasmes originaires; it. fastasmi oder fantasie originari(e), primari(e); span. protofantasías.)

Typische Phantasiestrukturen (intrauterines Leben, Urszene, Kastration, Verführung), die der Psychoanalyse zufolge das Phantasieleben gestalten, welches die persönlichen Erfahrungen des Subjekts auch sein mögen; nach Freud erklärt sich die Universalität dieser Phantasien durch die Tatsache, dass sie ein phylogenetisch übermitteltes Erbteil darstellen.

Der Ausdruck «Urphantasien» erscheint in Freuds Schriften 1915: «Ich heiße diese Phantasiebildungen, die der Beobachtung des elterlichen Geschlechtsverkehres, die der Verführung, der Kastration und andere, Urphantasien ...» (G. W., X, 242). Die so genannten Urphantasien finden sich ganz allgemein beim Menschen, ohne dass man in jedem Fall vom Individuum real erlebte Szenen angeben könnte; sie verlangen daher nach Freud eine phylogenetische Erklärung, durch die die Realität zu ihrem Recht kommt. Z.B. sei die Kastration durch den Vater in der archaischen Vergangenheit der Menschheit effektiv vollzogen worden: «Es scheint mir sehr wohl möglich, dass alles, was uns heute in der Analyse als Phantasie erzählt wird [...] in den Urzeiten der menschlichen Familie einmal Realität war, und dass das phantasierende Kind einfach die Lücken der individuellen Wahrheit mit prähistorischer Wahrheit ausgefüllt hat» (G.W., XI, 386). Mit anderen Worten, das, was in der Vorgeschichte «materielle Realität» war, wäre psychische Realität geworden.

Was Freud mit «Urphantasie» meint, lässt sich isoliert betrachtet schlecht verstehen; die Einführung des Begriffes steht tatsächlich am Ende einer langen Diskussion über die eigentlichen Elemente, die die Psychoanalyse über die Ursprünge aufzudecken vermag, und allgemeiner, die dem Phantasieleben jedes Individuum zugrunde liegen.

Sehr bald hat Freud versucht, reale archaische Ereignisse zu entdecken, die den eigentlichen Grund der neurotischen Symptome ausmachen. Er nennt diese realen, traumatisierenden Ereignisse, deren Erinnerung manchmal bearbeitet und mit Phantasien verhüllt ist, «Urszenen». Eine unter ihnen behält in der psychoanalytischen Sprache den Namen «Urszene»: Die Szene des elterlichen Koitus, den das Kind miterlebt haben soll. Es fällt besonders auf, dass diese ersten Ereignisse als Szenen beschrieben wurden und dass Freud von vornherein versucht, typische und zahlenmäßig begrenzte Szenarien herauszustellen.

Die Entwicklung, die Freud von dieser realistischen Auffassung der «Urszenen» zum Begriff der «Urphantasie» führt, kann hier nicht nachgezeichnet werden; diese Entwicklung geht in ihrer Komplexität parallel mit der Entwicklung des psychoanalytischen Phantasiebegriffs. Es wäre schematisch zu glauben, dass Freud einzig und allein eine erste Konzeption, in der die Ätiologie der Neurose in zufälligen, infantilen Träumen gesucht wird, zugunsten einer Theorie verlassen hat, die, da sie den Vorläufer des Symptoms in der Phantasie sieht, dieser keine andere Realität zuerkennen würde als die, auf imaginäre Weise das Triebleben zu manifestieren, dessen große Linien biologisch determiniert wären. Tatsächlich erscheint die Phantasiewelt in der Psychoanalyse von vornherein als etwas, das eine Konsistenz, eine Organisation und eine Wirksamkeit hat, was der Ausdruck «psychische Realität» gut kennzeichnet.

In den Jahren 1907-1909, als der Ausdruck «Phantasie» zu zahlreichen Arbeiten anregt und in seiner unbewussten Wirksamkeit voll anerkannt wird – die Phantasie liegt z.B. dem hysterischen Anfall zugrunde, der sie symbolisiert –, bemüht sich Freud, typische Szenen, imaginäre Szenarien (Familienroman) oder theoretische Konstruktionen (infantile Sexualtheorie) herauszuarbeiten, durch die der Neurotiker und vielleicht «jedes menschliche Kind» die großen Rätsel seiner Existenz zu beantworten sucht.

Aber es ist bemerkenswert, dass die volle Kenntnis der Phantasie als eines autonomen, erforschbaren Gebietes, das seine eigene Konsistenz besitzt, Freud der Frage des Ursprungs dieser Phantasie nicht enthebt. Die Analyse des Wolfsmanns gibt das treffendste Beispiel dafür: Freud versucht, die Realität des Szene über die Beobachtung des elterlichen Koitus durch Rekonstruktion der kleinsten Details zu beweisen, und als er durch die Jungsche These, wonach eine solche Szene nur ein vom Erwachsenen konstruiertes Zurückphantasieren ist, verunsichert scheint, hält er nichtsdestoweniger mit Beharrlichkeit daran fest, dass die Wahrnehmung dem Kind Hinweise geliefert habe, aber vor allem führt er den Begriff «Urphantasie» ein. In diesem Begriff vereint sich das, was man den Grundstein des Erlebnisses nennen könnte (und wenn dieser gebrochen und wie zersetzt in der Geschichte des Individuums ausgelöscht wird, steigt man höher, bis zur Geschichte der Art), und das Bemühen, die Struktur der Phantasie selbst auf etwas anderes als das Erlebnis zu gründen. Auf diesem Wege gelangt Freud sogar dahin, die Prävalenz der präsubjektiven Struktur vor der individuellen Erfahrung zu behaupten: «Wo die Erlebnisse sich dem hereditären Schema nicht fügen, kommt es zu einer Umarbeitung [...]. Gerade diese Fälle sind geeignet, uns die selbständige Existenz des Schemas zu erweisen. Wir können oft bemerken, dass das Schema über das individuelle Erleben siegt, so wenn in unserem Falle der Vater zum Kastrator und Bedroher der kindlichen Sexualität wird, trotz eines sonst umgekehrten Ödipuskomplexes [...]. Die Widersprüche des Erlebens gegen das Schema scheinen den infantilen Konflikten reichlichen Stoff zuzuführen» (G.W., XII, 155).

Betrachtet man nun die Themen der Urphantasien (Urszene, Kastration, Verführung), so ist man von einem gemeinsamen Zug beeindruckt: Alle beziehen sich auf die Ursprünge. Wie die kollektiven Mythen, so nehmen auch sie für sich in Anspruch, eine Beschreibung und eine «Lösung» für das, was für das Kind das Haupträtsel darstellt, bereitzuhalten. Was dem Subjekt als eine Realität erscheint, die nach einer Erklärung verlangt, nach einer «Theorie», dramatisieren sie zum Erscheinungsmoment, zum Ursprung einer Geschichte. In der «Urszene» ist es der Ursprung des Subjekts, der dargestellt wird; in den Verführungsphantasien der Ursprung, das Auftauchen der Sexualität; in den Kastrationsphantasien der Geschlechtsunterschied.

Abschließend sei vermerkt, dass der Begriff «Urphantasie» für die analytische Erfahrung und Theorie eine zentrale Bedeutung hat. Die Vorbehalte, die die Theorie einer hereditären, genetischen Übermittlung weckt, sollen, so meinen wir1, nicht der Grund dafür sein, dass auch die Idee hinfällig wird, nach der es bei den Phantasien Strukturen gibt, die nicht auf die Zufälligkeiten des individuellen Erlebens reduziert werden können.”

[Laplanche, J. / Pontalis, J.-B.: Das Vokabular der Psychoanalyse. Frankfurt/Main: Suhrkamp (stw 7), 1973, S. 573-576]

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1    Wir haben in Fantasme originaire, fantasmes des origines, origine du fantasme eine Interpretation des Freudschen Urphantasiebegriffs vorgeschlagen. Die Universalität dieser Strukturen sollte mit dem, was Freud im Ödipuskomplex erkennt, dem Kernkomplex, dessen a priori strukturierenden Charakter er oft kennzeichnet, in Beziehung gesetzt werden: «Der Inhalt des kindlichen Sexuallebens besteht in der autoerotischen Betätigung des vorherrschenden Sexualkomplexes, in Spuren von Objektliebe und in der Bildung jenes Komplexes, den man den Kernkomplex der Neurosen nennen könnte [...] Aus der Uniformität dieses Inhalts und aus der Konstanz der späteren modifizierenden Einwirkungen erklärt es sich leicht, dass im allgemeinen stets die nämlichen Phantasien über die Kindheit gebildet werden, gleichzeitig wie viel oder wie wenig Beiträge das wirkliche Leben dazu gestellt hat. Es entspricht durchaus dem infantilen Kernkomplex, dass der Vater zur Rolle des sexuellen Gegners und des Störers der autoerotischen Sexualbetätigung gelangt, und die Wirklichkeit hat daran zumeist einen guten Anteil.» (G.W.VIII, 428, Fn.).

Phantasie (von griech. phantazomei, «erscheinen»)

Vorstellungskomplex ohne Entsprechung zu einem realen Sachverhalt. Von besonderer Bedeutung für die Psychoanalyse durch Freuds Entdeckung, dass die Angaben seiner Patienten bezüglich sexuell beeindruckender Kindheitserlebnisse, besonders Verführungen, nicht auf realen Tatsachen beruhten, sondern Phantasien darstellten. Als Freud erkennen musste, «diese Verführungsszenen seien niemals vorgefallen, seien nur Phantasien, die meine Patienten erdichtet, die ich ihnen vielleicht selbst aufgedrängt hatte, war ich eine Zeitlang ratlos», führte er dazu aus. «Mein Vertrauen in meine Technik wie in ihre Ergebnisse erlitt einen harten Stoß; ich hatte doch diese Szenen auf einem technischen Weg, den ich für korrekt hielt, gewonnen, und ihr Inhalt stand in unmittelbarer Beziehung zu den Symptomen, von denen meine Untersuchung ausgegangen war. Als ich mich gefasst hatte, zog ich aus meiner Erfahrung die richtigen Schlüsse, dass die neurotischen Symptome nicht direkt an wirkliche Erlebnisse anknüpfen, sondern an Wunschphantasien, und dass für Neurose die psychische Realität mehr bedeutet als die materielle.» (G.W., XIV, S. 59)

Freud stellt bald fest, dass die Phantasievorstellungen seiner Patienten für die Neurose keine geringere Bedeutung hatten, als wenn der Patient ihren Inhalt tatsächlich erlebt hätte. «Mit der Verführungsphantasie, wo keine Verführung stattgefunden hat, deckt das Kind in der Regel die auto-erotische Periode seiner Sexualbetätigung. Es erspart die Beschämung über die Masturbation, indem es ein begehrtes Objekt in diese frühesten Zeiten zurückphantasiert.» (G.W., VIII, S. 385)

Über die Triebquelle bestand für Freud kein Zweifel, aber die Tatsache, dass jedes Mal dieselben Phantasien mit demselben Inhalt auftauchten, bedurfte einer Erfahrung. Er fand sie in folgendem Gedankengang: «Ich meine diese Ur-Phantasien – so möchte ich sie und gewiss noch einige andere nennen – sind phylogenetischer Besitz. Das Individuum greift in ihnen über sein Erleben hinaus in das Erleben der Vorzeit, wo sein eigenes Erleben allzu rudimentär geworden ist. Es scheint mir sehr wohl möglich, dass alles, was uns heute in der Analyse als Phantasie erzählt wird ... in den Urzeiten der menschlichen Familie einmal Realität war und dass das phantasierende Kind einfach die Lücke der individuellen Wahrheit ausgefüllt hat.» (a.a.O., S. 386)

So kam Freud auch zu einer Erklärung für die Symptome der Konversionshysterie. «Die hysterischen Symptome sind nichts anderes als die durch Konversion zur Darstellung gebrachten unbewussten Phantasien, und sofern sie somatische Symptome sind, werden sie häufig genug aus dem Kreise der nämlichen Sexualempfindungen und motorischen Innervationen entnommen, welche ursprünglich die damals bewusste Phantasie begleitet hatten», führt er an anderer Stelle aus. (G.W., VII, S. 194)

Für Adler ist die Phantasie eine künstlerische Leistung des seelischen Organs. Nach ihm sind in den Phantasien oder Tagträumen von Kindern und Erwachsenen regelmäßig Machtvorstellungen zu finden. Aber auch das Gemeinschaftsgefühl spielt dabei eine große Rolle, denn «Kinderphantasien sehen fast nie so aus, dass nur die Macht des Kindes zur Geltung kommt, sondern diese Macht erscheint irgendwie zum Nutzen anderer mitverwendet.» (Menschen., S. 42)

Jung trifft für den Begriff der Phantasie eine Unterscheidung in

1.     Phantasma (von griech. phantasma, «Erscheinung, Gesichtstäuschung, Trugbild» und

2.    Imagination.

Zu 1. handelt es sich um Vorstellungskomplexe, die auf Erinnerungen beruhen können, jedoch ein psychisches Produkt sind, das nicht auf eine äußere Realität bezogen ist. «Die Phantasie (ist) meistens entweder durch eine erwartende, intuitive Einstellung ausgelöst, oder sie ist eine Irruption unbewusster Inhalte ins Bewusstsein.» Man kann aktive und passive Phantasien unterscheiden, sagt Jung. «Erstere sind veranlasst durch Intuition, d.h., durch eine auf Wahrnehmung unbewusster Inhalte gerichtete Einstellung, wobei die Libido alle aus dem Unbewussten auftauchenden Elemente sofort besetzt und durch Assoziation paralleler Materialien zur Höhe der Klarheit und Anschaulichkeit bringt; letztere treten ohne vorhergehende und geleitende intuitive Einstellung von vornherein in anschaulicher Form auf bei völlig passiver Einstellung des erkennenden Subjektes. Diese Phantasien gehören zu den psychischen ‘Automatismen’ (Janet).» (Psychol. Typen, S. 494)

Neurose verursachend ist also nach Jung lediglich die passive Phantasie. Zu unterscheiden bei der Phantasie sind weiterhin der Inhalt in Bezug auf einen manifesten und latenten Sinn. Der manifeste Sinn ist die unmittelbare Aussage des Phantasie-Vorstellungskomplexes. Da dieser «wegen seiner objektiven Irrealität den Anspruch des Bewusstseins auf Verständnis nicht befriedigen kann», ist nach dem latenten Sinn für eine Deutung zu suchen.

Wird der latente Sinn kausal erforscht, so handelt es sich um eine reduktive Deutung. Das kann zweckmäßig sein, doch es genügt nicht, sagt Jung. Es ist die Deutungsweise der Psychoanalyse, die letztlich alles auf ein sexuelles Triebbedürfnis reduziert. «Man kann die Weltgeschichte nicht als ein Problem der Physiologie oder persönlichen Cronique Scandaleuse abhandeln. Dieser Standpunkt wäre zu beschränkt. Wir sind aber genötigt, unsere Auffassung vom latenten Sinn der Phantasie bedeutend zu erweitern; zunächst in kausaler Hinsicht: Die Psychologie des Einzelnen ist niemals erschöpfend aus ihm selber zu erklären, sondern es muss auch klar erkannt sein, dass und wie seine individuelle Psychologie durch die zeitgeschichtlichen Umstände ist. Sie ist nicht bloß ein physiologisches, biologisches oder persönliches, sondern auch ein zeitgeschichtliches Problem. Und sodann lässt sich irgendein psychologischer Tatbestand niemals erschöpfend aus seiner Kausalität allein erklären; er ist ja als lebendiges Phänomen immer in die Kontinuität des Lebensprozesses unauflöslich verknüpft, so dass er zwar einerseits stets ein Gewordenes, andererseits aber auch stets ein Werdendes, Schöpferisches ist.» (Psychol. Typen, S. 496 ff.)

Nach Jung ist die Phantasie demnach sowohl kausal wie final zu verstehen. Kausal handelt es sich um das Symptom eines spezifischen Zustandes des Individuums. Final muss die Phantasie als ein Symbol angesehen und entsprechend erforscht werden.

Zu 2., also der Phantasie als Imagination, führt Jung folgendes an: «Die Imagination ist die reproduktive oder schöpferische Tätigkeit des Geistes überhaupt, ohne ein besonderes Vermögen zu sein, denn sie kann sich in allen Grundformen des psychischen Geschehens abspielen, im Denken, Fühlen, Empfinden, Intuieren. Die Phantasie als imaginative Tätigkeit ist für mich einfach der unmittelbare Ausdruck der psychischen Lebenstätigkeit, der psychischen Energie, die dem Bewusstsein nicht anders als in Form von Bildern oder Inhalten gegeben ist, wie auch die physische Energie nicht anders in Erscheinung tritt, denn als physischer Zustand, der die Sinnesorgane auf physischem Wege reizt.» (a.a.O., S. 500)

Und an anderer Stelle heißt es bei Jung: «Die Psyche erschafft täglich die Wirklichkeit. Ich kann diese Tätigkeit mit keinem anderen Ausdruck als mit Phantasie bezeichnen. Die Phantasie ist ebenso sehr Gefühl wie Gedanken, sie ist ebenso intuitiv wie empfindend. Es gibt keine psychische Funktion, die in ihr nicht ununterscheidbar mit den anderen psychischen Funktionen zusammenhinge. Sie erscheint bald als uranfänglich, bald als letztes und kühnstes Produkt der Zusammenfassung des Könnens. Die Phantasie erscheint mir daher als der deutlichste Ausdruck der spezifischen Aktivität. Sie ist vor allem die schöpferische Tätigkeit, aus der die Antworten auf alle beantworteten Fragen hervorgehen, sie ist die Mutter aller Möglichkeiten, in der auch, wie alle psychologischen Gegensätze, Innenwelt und Außenwelt lebendig verbunden sind.» (a.a.O., S. 75)”

[Doucet, Friedrich W.: Psychoanalytische Begriffe. Vergleichende Textdarstellung Freud-Adler-Jung. München: Heyne, 1972, S. 124-127]

„Ähnlich wie Descartes befasst sich auch Freud in gewisser Weise mit dem Problem des Irrtums, und seine Meditationen über dieses Problem führten ihn zu einer Ansicht, die sowohl überraschend ähnlich als auch auf eine interessante Weise verschieden ist.

Descartes fragt: Warum verfallen wir, die wir nach dem Bilde Gottes und von seiner vollkommenen und gütigen Hand geformt sind, dem Irrtum? Weil ich etwas Mittleres bin zwischen Gott und dem Nichts, antwortet Descartes (Descartes (1641), 4. Meditation, S. 45. A. d. Ü). Mein Wille ist zwar wie der seine unendlich, nicht aber die Reichweite meiner Ideen. Wille und Einbildungskraft sind zusammengenommen die Wurzel des Irrtums: Ich lasse meiner Einbildungskraft freien Lauf und urteile sogar dort, wo ich nicht klar und deutlich wahrnehme, dass die Dinge so oder so sind.

Freuds Frage lautet: Warum sind wir, obwohl wir Wesen mit einem Geist sind, der sich im Dienste des Überlebens entwickelt hat, so oft irrational, unfähig, aus der Vergangenheit zu lernen, und wirken unseren eigenen besten Interessen entgegen? Auch seine Antwort beruft sich auf eine Kollaboration zwischen Willen und Einbildungskraft: Wir sträuben uns gegen die Anerkennung jener Seiten in uns, bei denen wir weniger stark und weniger vollkommen sind, als wir es gerne wären; deshalb leugnen wir das, was wir wissen oder ohne Weiteres wissen könnten. Wir konstruieren uns Phantasievorstellungen, die uns vor Schmerzen bewahren sollen, welche uns oft eher abstumpfen. Wenn es denn überhaupt eine Konzeption gibt, die sich bei Freud mit dem ›Ding an sich‹ vergleichen ließe, dann ist es nicht das, was Gott sieht oder was wir sehen würden, wenn wir Gott wären, sondern das, was wir sehen könnten, wenn wir es ertrügen.

Freud ist wiederum wie Descartes der Auffassung, dass der Geist ein Ideal seines eigenen Funktionierens enthält. Ich erkenne mich dadurch als Ich, sagt Descartes, »dass ich gleichsam ein Abbild und ein Gleichnis Gottes bin.« Während Descartes nun dieses ideale ›Selbst‹ in eine ontologische Wirklichkeit überträgt – Gott –, ist es für Freud eine unerreichbare Grenze der Integration, aufgrund deren wir unwillkommene Überzeugungen und unbehagliche, widerstreitende Wunschregungen mittels der Struktur des Geistes durcharbeiten. Nicht die Grenze als solche, sondern unsere Fähigkeit, auf sie zuzugehen, definiert das ›Normale‹ als einen Tätigkeitsbereich dessen, was ›geistige Gesundheit‹ heißt.

[Cavell, Marcia: Freud und die analytische Philosophie des Geistes. Überlegungen zu einer psychoanalytischen Semantik. Stuttgart: Klett-Cotta, 1997, S. 334-335]

Phantasie

Ich sagte, die Begriffe der Verdrängung, der Symptombildung und der Phantasie hingen wie folgt zusammen: die Verdrängung wird durch eine gewisse imaginierende Tätigkeit erreicht, die Freud als Phantasie bezeichnet; das symptomatische Verhalten ist demnach ein Agieren der Phantasie, etwa so, wie der den Polonius verkörpernde Schauspieler die Bühnenanweisungen zu Hamlet agiert, wenn er sich hinter einem Wandbehang versteckt. Eine vollständige Erörterung des Freudschen Phantasiebegriffs würde eine Abhandlung über die Einbildungskraft [imagination] erfordern. Ich möchte dazu nur so viel sagen, um den Begriff der psychischen Aufteilung vorzubereiten, der im folgenden Kapitel entwickelt wird und um eine jener Ideen zu verteidigen, auf die Freuds Ausführungen über den Primärvorgang und die halluzinatorische Wunscherfüllung hinweisen: Wenn der gestörte Geist die Vernunft umgeht, wenn er verdrängt und phantasiert, statt den Konflikt zuzugeben, dann entstehen mentale Einstellungen, die gegenüber einer Korrektur durch Erfahrung relativ immun sind. Sie neigen dazu, bestehen zu bleiben und sich manchmal in abgespaltenen mentalen Substrukturen zu organisieren, die einen infantilen Charakter wahren.

In »Der Dichter und das Phantasieren« spricht Freud von der Phantasie wie folgt:

»Vielleicht dürfen wir sagen, jedes spielende Kind benimmt sich wie ein Dichter, indem es sich eine eigene Welt erschafft oder, richtiger gesagt, die Dinge seiner Welt in eine neue, ihm gefällige Ordnung versetzt. Es wäre dann unrecht zu meinen, es nähme diese Welt nicht ernst; im Gegenteil, es nimmt sein Spiel sehr ernst, es verwendet große Affektbeträge darauf. Der Gegensatz zu Spiel ist nicht Ernst, sondern ‑ Wirklichkeit. Das Kind unterscheidet seine Spielwelt sehr wohl, trotz aller Affektbesetzung, von der Wirklichkeit und lehnt seine imaginierten Objekte und Verhältnisse gerne an greifbare und sichtbare Dinge der wirklichen Welt an. Nichts anderes als diese Anlehnung unterscheidet das >Spielen< des Kindes noch vom >Phantasieren<. (...)

Der Heranwachsende hört also auf zu spielen, er verzichtet scheinbar auf den Lustgewinn, den er aus dem Spiel bezog. Aber wer das Seelenleben des Menschen kennt, der weiß, dass ihm kaum etwas so schwer wird wie der Verzicht auf einmal gekannte Lust. Eigentlich können wir auf nichts verzichten, wir vertauschen nur eines mit dem andern; was ein Verzicht zu sein scheint, ist in Wirklichkeit ein Ersatz oder Surrogatbildung. So gibt auch der Heranwachsende, wenn er aufhört zu spielen, nichts anderes auf als eine Anlehnung an reale Objekte; anstatt zu spielen, phantasiert er jetzt. Er baut sich Luftschlösser, schafft das, was man Tagträume nennt« (1908e, S. 213‑214).

Was Freud mit dem >spielenden Kind< meint, ist hinreichend klar: Das Kind behauptet, der Besen sei ein Pferd, der Stein ein Löwe, und es weiß die ganze Zeit über, dass es mit Besen und Steinen umgeht. Das Kind gleicht dem Dichter, der den Stiel einer Blüte eine Zündschnur nennt. Wie sollen wir aber den phantasierenden Erwachsenen verstehen, der >die Anlehnung an reale Objekte aufgibt? Meint Freud bloß, der Erwachsene täusche mit Hilfe von Requisiten etwas vor? Das wäre kein interessanter Unterschied, denn der Autor fiktionaler Prosa und der probende Schauspieler können auf Requisiten auch verzichten, und Freud sieht die Phantasie als etwas an, das innerhalb des Spektrums der Imagination einen etwas anderen Ort einnimmt als diese beiden Tätigkeiten. Meint er, die Phantasie des Erwachsenen nehme keinen Bezug auf Objekte, unter denen einige ~real< sind? Das ist offensichtlich falsch. Wörter verlieren ihre normalen Verbindungen mit den Dingen in der Welt nicht, wenn sie zur Herstellung einer Fiktion benutzt werden; würden sie es, so würden sie ihre Bedeutung ändern. Oder meint er, der Erwachsene wisse zwar auch, dass Steine keine Löwen sind usw., dass er aber beim Phantasieren einen Teil seines Wissens ausklammere und widersprüchliche Erkenntnisse und Überzeugungen getrennt halte, von denen er einige revidieren oder aufgeben müsste, wenn er sie alle zusammenfügen müsste? Ich halte dies für die beste Lesart dessen, was Freud im Blick hat, und es passt auch bestens mit dem zusammen, was er unter >Ichspaltung< versteht ‑ ein Gedanke, auf den wir gleich kommen werden.

Die eben herangezogene Passage macht deutlich, dass Freud die >Phantasie< für eine Erweiterung des populärpsychologischen Begriffs des Tagträumens hält. Was die Passage indessen nicht deutlich macht, sind die eigentümlichen >Freudschen< Veränderungen. Betrachten wir im Hinblick auf sie die folgende frühe Bemerkung zur »Architektur der Hysterie«: »Ziel scheint die Erreichung der Urszenen zu sein. Diese gelingt bei einigen direkt, bei anderen erst auf Umwegen über Phantasien. Die Phantasien sind nämlich psychische Vorbauten, die aufgeführt werden, um den Zugang zu diesen Erinnerungen zu sperren« (Manuskript L, Beilage zum Brief an Fließ vom 2.5.1897; in Freud 1950a, S. 170 sowie in Masson, Hrsg., 1985, S. 255).

Klar scheint nun ‑ wie ich früher schon feststellte ‑, dass der Wunsch, der die Phantasie anspornt, typischerweise aus Angst entsteht; es ist ein Angstwunsch oder vielmehr ein Wunsch, sich einem bestimmten Bewusstsein zu entziehen, das einem Angst macht. Der imaginierende Akt ist abwehrender und täuschender Natur: Man imaginiert sich, dass die Welt anders sei, als man sie kennt, oder dass man leicht erkennen könnte, wie sie ist. Kurz gesagt, er ist jene Art von imaginierendem Akt, den wir mit der Verdrängung verbunden haben. Was die >Deckerinnerung< betrifft, so meint Freud zuweilen nur eine Erinnerung, die deswegen auf eine übernatürliche Weise lebendig ist, weil sie eine Art Filter oder Emblem für eine ganze Anzahl echter Erinnerungen g3,eworden ist; noch häufiger denkt er aber auch hier an eine Fiktion, die zwar an sich schon angsterweckend ist, der es jedoch gelingt, einen noch stärkeren angsterregenden Gedanken zu verschleiern.

In der folgenden Passage aus einem späten Aufsatz, »Die Ichspaltung im Abwehrvorgang« (1940e [1938]), stellt Freud die von uns bisher vorgelegten Ideen zusammen:

»Es [das Kind] antwortet auf den Konflikt mit zwei entgegengesetzten Reaktionen, beide gültig und wirksam. Einerseits weist es mit Hilfe bestimmter Mechanismen die Realität ab und lässt sich nichts verbieten, andererseits anerkennt es im gleichen Atem die Gefahr der Realität, nimmt die Angst vor ihr als Leidenssymptom auf sich und sucht sich später ihrer zu erwehren. Man muss zugeben, das ist eine sehr geschickte Lösung der Schwierigkeit. Beide streitenden Parteien haben ihr Teil bekommen; der Trieb darf seine Befriedigung behalten, der Realität ist der gebührende Respekt gezollt worden. Aber umsonst ist bekanntlich nur der Tod. Der Erfolg wurde erreicht auf Kosten eines Einrisses im Ich, der nie wieder verheilen, aber sich mit der Zeit vergrößern wird. Die beiden entgegengesetzten Reaktionen auf den Konflikt bleiben als Kern einer Ichspaltung bestehen. Der ganze Vorgang erscheint uns so sonderbar, weil wir die Synthese der Ichvorgänge für etwas Selbstverständliches halten. Aber wir haben offenbar darin unrecht. Die so außerordentlich wichtige synthetische Funktion des Ichs hat ihre besonderen Bedingungen und unterliegt einer ganzen Reihe von Störungen« (1940e, S. 59‑60).

[...] Freud arbeitete auf die Formulierung einer Reihe von Ideen hin, die in der philosophischen Psychologie neu sind. >Phantasie< ist Teil eines ganzen Netzes von Begriffen, das >Verdrängung<, >Wiederholung<, >Agieren<, >Deckerinnerung< und >Erinnerung< umfasst und Freuds Entdeckungen sowohl hinsichtlich der Wirkung der Imagination in der Abwehr als auch hinsichtlich der psychischen Zeit umfasst: Die Vergangenheit wird >erinnert< im Lichte der Phantasie, die man für eine Erinnerung halten kann; die Gegenwart wird (unbewusst) als eine Wiederholung der Vergangenheit gesehen oder vielmehr agiert. Und gerade das Faktum des Agierens, als ob eine bestimmte Geschichte wahr wäre, verschafft dem Gedanken, dass sie wahr sei, im Geiste des Agierenden allmählich eine gewisse Glaubwürdigkeit.

In einer früher zitierten Passage schreibt Freud (1914):

»... wir [dürfen] sagen, der Analysierte erinnere überhaupt nichts von dem Vergessenen und Verdrängten, sondern er agiere es. Er reproduziert es nicht als Erinnerung, sondern als Tat, er wiederholt es, ohne natürlich zu wissen, dass er es wiederholt. (...)

[Der Arzt] feiert es als einen Triumph der Kur, wenn es gelingt, etwas durch die Erinnerungsarbeit zu erledigen, was der Patient durch eine Aktion abführen möchte« (1914g, S. 129‑133).

[..] Bei der Diskussion darüber, wie es der Phantasie denn gelingt, frühe mentale Strukturen zu bilden, die gegen Korrekturen vergleichsweise immun sind, sollten wir beachten, in welcher Weise die imaginierende Aktivität andere Imaginationsweisen in Gang bringt, von denen die eine oder andere vielleicht nicht bewusst ist. Denken wir beispielsweise an Aschenbrödel, die bewusst dem Tagträumen über Prinzen nachgeht. Damit einher gehen Gedanken darüber, errettet zu werden, den Spieß gegen die Schwestern umzudrehen und die uneingeschränkte Liebe ihres Vaters für sich zu gewinnen ‑ Gedanken, die vielleicht weder zum Ausdruck kommen noch bewusst sind und eine Fröhlichkeit bewirken, die sie sich selbst nicht erklären kann. [...]

Eine andere Art Unbewusstheit tritt dann aber in Erscheinung, wenn der Imaginationsvorgang abwehrender Natur ist. Er fängt dann nämlich an, jene ursprüngliche Angst zu verhüllen, gegen welche die Phantasie einen Schutz bot, indem sie die anfänglichen Begehrungen abschottete, sie immer mehr der Erkenntnis entrückte und dabei noch weitere Realitätsaspekte verfälschte. Dem Hinweis von Hopkins (1982) zufolge, muss die Phantasie die Realität auf zwei Wegen falsifizieren: sie stellt die innere Realität oder den Zustand des Akteurs falsch dar und ebenso die äußere Realität oder das, was er in der Welt tut. [...]

Wird die Phantasievorstellung nach und nach ausformuliert, so erkennt man, dass sie Wünsche und Ängste widerspiegelt, die mit anderen Wünschen und Ängsten aus verschiedenen Lebensabschnitten des Phantasierenden zusammenwirken, die alle in der Struktur der Phantasie festgehalten sind. Sie bringt eine Reihe von Umwandlungen zum Ausdruck und verdichtet diese. [...] Wir haben gesehen, dass manche von den Wünschen, um die sich eine Phantasievorstellung rankt, Kindheitswünsche sind; als solche sind sie vermutlich nicht einmal mehr als Wünsche erkennbar, auch nicht als die eigenen. [...] Deshalb kann man die Frage stellen: »Wenn aber die Wünsche, die die Phantasievorstellung ausgesponnen haben, nicht einmal mehr wiederzuerkennen sind, wie soll man dann schließlich in der Lage sein, den Faden zu zerreißen? Wie kann man eine Phantasie durcharbeiten und dadurch in die Gegenwart entlassen werden?« Wollheim schlägt eine erhellende Analogie zum Vorgang des allmählichen Verstehens eines Kunstwerks vor. Der einen Auffassung zufolge, die seiner Ansicht nach falsch ist, beginnen wir mit der sinnlichen Wahrnehmung des Werkes. Daraufhin erwerben wir Hintergrundinformationen, Einzelheiten über die Komposition des Werkes, was es darstellt (wenn überhaupt) und so fort, wodurch wir zu einer Reihe von Überzeugungen über das Werk gelangen. Auf dieser Basis gelangen wir dann zu Schlussfolgerungen, die als unsere beste Interpretation anzusehen sind. Einer anderen Auffassung zufolge gibt es nicht drei Phasen, sondern zwei: wir beginnen mit Überzeugungen über das Werk, zu denen wir auf jedem beliebigen Weg gelangen können, einschließlich der sinnlichen Wahrnehmung selbst; und mit allen diesen verfügbaren Informationen gelangen wir dann zu einem Verständnis. Das Werk zu verstehen heißt einfach, es im Lichte aller erworbenen Informationen wahrzunehmen. Ein Teil dieses Verstehens lässt sich zwar in Worte fassen, doch ebenso wenig wie das Gemälde selbst (oder das Musikstück, das Gedicht) lässt sich alles davon in Worte fassen.

Die Aufhebung der Verdrängung wirkt also dadurch, dass die verborgenen Wünsche ins Licht des Bewusstseins gerückt werden und die richtige Beschreibung für sie gefunden wird, und indem auf diesem Wege deutlich gemacht wird, wie unangemessen sie sind; denn die Wünsche, welche die Phantasie befriedigt, wurzeln oft in Kindheitssituationen, und nur in der Welt des Kindes ist es so, dass man von ihnen annehmen mochte, dass sie Erfüllung bringen. Da ein Wunsch nur dann als Wunsch empfunden und anerkannt werden kann, wenn er unbefriedigt bleibt, beharrte Freud darauf, dass die Analyse in einem Zustand der Abstinenz erfolgen müsse. Er dachte dabei an die Befriedigung nicht nur durch das Agieren, sondern auch durch die Phantasie selbst, die im Idealfall durch andersartige Imaginationen und das als solches erkannte Wünschen ersetzt werden wird.

Freud hielt das Wünschen für einen ursprünglicheren Zustand als das Begehren. In einem gewissen Sinne verhält es sich aber genau umgekehrt: Wenn wir erkennen, dass eines unserer Begehren durch ein anderes übertroffen wird, oder wenn wir zu der Überzeugung gelangen, dass die Befriedigung nicht bloß unwahrscheinlich, sondern sogar unmöglich ist, dann begehren wir sie nicht mehr; der Wunsch verschwindet jedoch nicht notwendigerweise.“

[Cavell, Marcia: Freud und die analytische Philosophie des Geistes. Überlegungen zu einer psychoanalytischen Semantik. Stuttgart: Klett-Cotta, 1997, S. 270-278]

«Freud gebraucht immer das Wort «Phantasie» bzw. seltener «das Phantasieren», dagegen nie das Wort Einbildungskraft. In der französischen Psychoanalyse hat sich das Wort «fantasme» eingebürgert und teilweise als Fantasma seinen Weg ins Deutsche gefunden. [...] In der Folge werden wir meistens von Fantasma sprechen; dagegen von Phantasien nur in Freud-Zitaten. Beides wird aber synonym gebraucht. [...]

Die Tatsache, dass die Fantasmen nicht nur Material zum Analysieren sind, sondern ebenso sehr ein Ergebnis der Analyse darstellen, nämlich den latenten Inhalt des Traums oder des Symptoms, führte dazu, in gewissen Fantasmen eine Konsistenz festzustellen, die aus ihnen die spezifisch psychische Realität bildete, die weder auf individuellen Erlebnissen noch auf individuellen Einbildungen basiert. Zu dieser Erkenntnis kann Freud in der Zeit, da er die symbolische Strukturierung des Unbewussten in der Traumdeutung, im Witz, usw. entdeckte, wobei das Fantasma selbst jenen symbolischen Operationen das Gewicht der psychischen Realität verlieh. In dem Sinne unterscheidet er zwischen drei Arten von Realität: die äußere (materielle bzw. faktische) und zwei «innere»; die eine von diesen ist als imaginäre, rationalisierende zu begreifen («Zwischengedanken»), während die eigentlich psychische, unbewusste Realität, die der Fantasmen ist. Er schreibt dazu: «Ob den unbewussten Wünschen Realität zuzuerkennen ist, kann ich nicht sagen. Allen Übergangs- und Zwischengedanken ist sie natürlich abzusprechen. Hat man die unbewussten Wünsche, auf ihren letzten und wahrsten Ausdruck gebracht, vor sich, so muss man wohl sagen, dass die psychische Realität eine besondere Existenzform ist, welche mit der materiellen Realität nicht verwechselt werden soll» (S. Freud: Traumdeutung, SA II, S. 587).

Hatte Freud in den Fantasmen die psychische Realität erkannt, so hörte er nicht auf, nach dem Ursprung dieser immer-schon-da-gewesenen Realität zu fragen. In den Urszenen nahm er wieder, in transformierter Form, das Motiv des Ereignisses auf und damit ebenfalls die zwei Zeiten des Traumas. Nur dass jetzt das Ereignis nicht mehr eine Handlung, die das Subjekt ausführt oder erleidet, bedeutet, sondern nur eine Beobachtung von bestimmten Situationen. Aber diesen Urszenen, und das ist entscheidend, kommen die Urphantasien entgegen, jene stehen also nicht allein da. So schreibt Freud: «Die Beobachtung des Liebesverkehres der Eltern ist ein selten vermisstes Stück aus dem Schatze unbewusster Phantasien, die man bei allen Neurotikern, wahrscheinlich bei allen Menschenkindern, durch die Analyse auffinden kann. Ich heiße diese Phantasiebildungen, die der Beobachtung des elterlichen Geschlechtsverkehrs, die der Verführung, der Kastration und andere Urphantasien» (S. Freud: “Mitteilungen eines der psychoanalytischen Theorie widersprechenden Falles von Paranoia”, in: SA, VII, S. 213). [...]

Die Verallgemeinerbarkeit und die Typisierung der Urfantasmen deuten auf die Wirkung der Struktur in der psychischen Realität, etwas, das durch die symbolischen Operationen des Unbewussten klar wurde. Was Freud hier anspricht, ist die Feststellung, dass das individuelle Imaginäre nicht den Kern des Unbewussten ausmacht, aber ebenso wenig irgendein partikulares, kollektives, «völkisches» Imaginäre, sondern nur das Universelle. (Das formuliert Lacan mit dem Primat der signifikanten Operationen gegenüber dem Ereignis bzw. dem Signifikat).

Auch wenn Freud sich konsequent gegen biologische und szientistische Lösungen wandte, heißt das nicht, dass er biologische Tatsachen negierte. Was er ablehnte, war eine Art evolutionistische Kontinuität und Parallelität zwischen dem Körperlichen und dem Psychischen. Er war gegen eine Überwucherung von Fantasmen, d.h. es gibt nicht hinter jeder geistigen Operation ein Fantasma und hinter jedem Fantasma einen besonderen Trieb, so wie es viele Schüler von Melanie Klein annehmen. Anders ausgedrückt: es gibt eine mehrdeutige, elliptische, nichtlineare Zuordnung zwischen Trieben, Fantasmen und bewusstem Denken und Handeln, jedes Moment ist durch die anderen vermittelt. Er erwähnt in zwei Passagen alle wichtigen Elemente, welche die Dynamik und die Komplexität eines Fantasmas ausmachen:

«Die Phantasien stammen aus nachträglich verstandenem Gehörten, sind natürlich in alle ihrem Material echt. Sie sind Schutzbauten, Sublimierungen der Fakten, Verschönerungen derselben, dienen gleichzeitig der Selbstentlastung. Ihre akzidentelle Herkunft vielleicht von den Onaniephantasien. Eine zweite wichtige Erkenntnis sagt mir, dass das psychische Gebilde, welches die Hysterie von der Verdrängung betroffen wird, nicht eigentlich die Erinnerungen sind, denn kein Mensch ergibt sich ohne Grund einer Erinnerungstätigkeit, sondern Impulse, die sich von den Urszenen ableiten.» Und weiter:

«Die Phantasien entstehen durch unbewusste Zusammenfügungen von Erlebnissen und Gehörten nach gewissen Tendenzen. Diese Tendenzen sind, die Erinnerung unzugänglich zu machen, aus der Symptome entstanden sind oder entstehen können. Die Phantasiebildung geschieht durch Verschmelzung und Entstellung analog der Zersetzung eines chemischen Körpers mit einem anderen zusammengesetzten. Diese erste Art der Entstellung ist die Erinnerungsfälschung durch Zerteilung, wobei gerade die zeitlichen Verhältnisse vernachlässigt werden (...) Das eine Teilstück der gesehenen Szene wird dann mit einem Teilstück der gehörten zur Phantasie vereinigt, während das frei gewordene Teilstück eine Verbindung eingeht. Damit ist ein ursprünglicher Zusammenhang unauffindbar gemacht. Durch die Bildung solcher Phantasien (in Erregungszeiten) hören die Erinnerungssymptome auf. Dafür sind unbewusste Dichtungen vorhanden, die der Abwehr nicht unterlegen sind.»

Freud fügt an anderer Stelle hinzu, dass Fantasmen «Vorbauten» sind, die eine Schutzfunktion für das Subjekt erfüllen, indem sie eine zeitlich auseinander liegende Reihe von nachträglich traumatisch wirkenden Ereigniselementen oder Ereignissen, wie die Beobachtung des elterlichen Koitus – die Urszene – durch bestimmte Operationen symbolisch entstellen und entschärfen. Die besonderen Fantasmen, die zu Symptomen oder zu Kreativität oder zu beidem führen und allgemein jedem Subjekt die Marke seiner Einmaligkeit einprägen, zeugen vom passiv erlittenen Einbruch irgendwelcher Ereignisse, die in der frühen Kindheit unverstanden und damit gewaltsam blieben. [...] Freud betont immer wieder, dass es zwar irgendwelche Ereignisse sein müssen, aber dass sie unauffindbar sind; er ist überzeugt von ihrer Existenz durch ihre nachträgliche Wirkung, aber es ist unmöglich an sie, sowohl reell als auch ideell heranzukommen. Dies hat weitreichende Konsequenzen; es bedeutet, dass jede Suche nach der Eigentlichkeit, dem «wahren Sein», dem Ur-sprung, sinnlos ist, denn hinter einem Fantasma steckt ein anderes, es sei denn, man gibt die Suche nach der ersten Ursache auf und dekonstruiert die Fantasmen. Jede Rede vom «wirklichen» oder «natürlichen» Menschen, jede Unmittelbarkeit ist ein Mythos. Das Fantasma ist ein Vorbau vor dem Abgrund des Unbekannten, der zwar verschiebbar ist, aber es entsteht dann ein neues Fantasma des unverstandenen Restes.

Dies weist auf zweierlei hin: auf die notwendige, gegebenenfalls fantasmatische Vermitteltheit jeder Realität für die Menschen und auf die partielle, fragmentierte, aber wirkliche Veränderlichkeit der Realität. Die Unmöglichkeit, die Ursprünge zu erreichen, bedeutet keinesfalls, dass das Reale nicht exisitiert, das wie auch immer vermittelt (und sei es als Medienspektakel), sich in seiner Fragmentierung und Veränderlichkeit bemerkbar macht.

Die Fragmentierung des Realen verweist auf die Mehrdimensionalität der Zeit und der Schauplätze. Wenn das Unbewusste keine eindimensionale, irreversible Zeit kennt, so heißt das nicht, dass es keine Geschichte kennt, im Gegenteil. Die Elemente des Fantasmas werden aus mehreren Zeitmomenten herausgeholt und zu einem neuen Gebilde kombiniert. Aber der entscheidende Zeitaspekt liegt in der Nachträglichkeit und der partiellen Wiederholung des fantasmatisch konstruierten Ereignisses. Die Nachträglichkeit ist nur durch die Funktion des Symbolischen denkbar; was in der gängigen Literatur als «Symbol» bezeichnet wird, ist eigentlich ein Fantasma, und es darf nicht mit dem Symbolischen verwechselt werden.

Die Hauptschwierigkeit in der Analyse eines Fantasmas besteht in seiner scheinbaren Einheit; es täuscht einen stabilen Ursprung, ein einheitliches reelles Ereignis vor. In Wirklichkeit lässt es sich als eine relativ einfache Kombination von Elementen zerlegen, die aus einer stabilen Formel mit auswechselbaren Teilen besteht. Dieses Verfahren kann aber nicht das einzige Mittel einer Analyse von komplexen Kulturprodukten sein; umgekehrt kann es als ein Mittel dazu beitragen, ideologische Produkte und Herrschaftsverhältnisse in ihrer Armseligkeit und fantasmatischen Struktur zu durchschauen und sie damit von symbolischen Beziehungen und geistigen Produkten zu unterscheiden. Freilich ist es meistens so, dass ideologische Produktionen Teile von geistigen Werken sind und diese verdanken oft jenen ihre Existenz, ohne jedoch darin aufzugehen. Wenn eine Tätigkeit und ein Produkt eine Wunscherfüllung darstellen und von einem Fantasma geleitet werden, so können sie es doch transzendieren in dem Maße, in dem sie es dekonstruieren, auch wenn dies nur partiell möglich ist.»

[Lipowatz, Thanos: Die Verleugnung des Politischen. Die Ethik des Symbolischen bei Jacques Lacan. Weinheim und Berlin: Quadriga Verlag, 1986, S. 52 und 81, Anm. 2; 54-57]

Fantasía (engl. phantasy)

El concepto psicoanalítico de fantasía comparte la ambigüedad inherente al uso cotidiano de la palabra. En un sentido, fantasía hace referencia a la imaginación, a soñar despierto, a fantasear, en contraste con la conducta y el pensamiento adaptativos. En este sentido, es sinónimo de sueño neurótico durante la vigilia. En otro sentido, hace referencia a la actividad imaginativa que subyace en todo pensamiento y sensación. Todas las escuelas están de acuerdo en que la actividad mental está acompañada, apoyada, mantenida, enriquecida y afectada por la fantasía inconsciente, que comienza en la niñez, está referida primariamente (originalmente) a las relaciones y procesos biológicos, y sobrelleva una elaboración simbólica. Existe, sin embargo, una considerable diferencia de opinión con respecto a cuál es el valor práctico de hacer interpretaciones basadas en fantasías inconscientes: los kleinianos sostienen que sólo estas interpretaciones son eficaces, mientras que los psicólogos del yo [Ich-Psychologie] sostienen que son propensas a ser «salvajes» (esto es, a ser declaraciones dramáticas acerca de, digamos, deseos de atacar el pecho o el pene, que tienen muy poco sentido para el yo adulto del paciente. La teoría kleiniana utiliza «fantasías inconscientes» como un concepto-puente entre el instinto y el pensamiento. «Sobre los puntos de vista aquí considerados: (a) Las fantasías son el contenido primario de los procesos mentales inconscientes. (b) Las fantasías inconscientes se refieren principalmente a los cuerpos y representan metas instintivas hacia objetos. (c) Estas fantasías son, en primera instancia, las representantes psíquicas de los instintos ‘libidinales’ y destructivos ... (d) La adaptación a la realidad y el pensamiento realista requieren un apoyo de fantasías inconscientes concurrentes …» (Susan Isaacs, 1952).

La teoría clásica utiliza también este mismo punto de vista para localizar la fantasía en el ello [Es].

Las fantasías pueden ser profundas o superficiales, orales, anales, fálicas, genitales, conscientes o inconscientes, libidinales o agresivas, creativas o neuróticas, histéricas, obsesivas, depresivas, esquizoides, paranoides, etc.”

[Rycroft, Charles: Diccionario de psicoanálisis. Buenos Aires: Paidós, 1976, pp. 57-58]

Imaginación (inglés: imagination; alemán: Einbildug(skraft), Vorstellung(skraft), Phantasie, leere Einbildung; Hirngespinst; schöpferische Einbildungskraft [imaginación creadora])

El proceso, o facultad, de concebir representaciones de objetos, hechos, etc., que en realidad no están presentes. El proceso produce resultados que tanto son

a)     imaginarios”, en el sentido de que son ficticios, irreales, etc., o,

b)     imaginativos”, en el sentido de que proporcionan soluciones que nunca previamente han sido resueltas o, en las artes, la creación de artificios que de todos modos reflejan o incrementan la experiencia.

Los textos psicoanalíticos tienden a colocar la imaginación bajo el encabezamiento de fantasía y tienen la misma dificultad que las artes en decidir cuándo la fantasía (imaginación) es escapista o creativa, defensiva o adaptativa (ver: Kreativität /creatividad). Por lo general, se acepta, sin embargo, que la actividad imaginativa creadora implica la participación de fantasías inconscientes no verbales.” 

[Rycroft, Charles: Diccionario de psicoanálisis. Buenos Aires: Paidós, 1976, p. 65]

«Los “fantasmas” y la fantasía

Clave de la doctrina de Melanie Klein (1882-1960) y sus seguidores es la importancia concedida en el desarrollo del niño de pocos meses a la “fantasía”, denominando así no lo que el adulto llama habitualmente “fantasía”, en estado vigil o semivigil, crepuscular, sino las “fantasías inconscientes”, esto es, realidades o hecho de la vida anímica infantil situados entre los impulsos instintivos y los mecanismos que, ulteriormente, se desvelan en el análisis.

La tesis principal de Melanie Klein admite, en el desarrollo del niño, en los primeros seis u ocho meses de la vida, dos fases: la posición paranoide, dominada por la “ansiedad persecutoria”, y la posición depresiva. La importancia de impulsos “agresivos” en los primeros meses de la vida ha sido posteriormente reconocida por todos los psicoanalistas. Por la imposibilidad para el niño, en esta época, de separar mundo interior y exterior, la percepción de sus propios impulsos destructivos es proyectada, imaginándose que tales impulsos proceden de afuera y, por tanto, que lo persiguen. Esta fase de la “angustia persecutoria” se extiende hasta el tercero o cuarto mes; hacia la mitad del primer año la angustia que siente “por el daño que pudiera ocasionar al objeto amado” se mezcla al miedo de perder este “objeto” introyectado o internalizado. Para Melanie Klein, estos sentimientos depresivos van unidos a fantasías de culpabilidad, y ambas cosas, al deseo de restablecer la realidad del “objeto”. El destete intensifica estos sentimientos de depresión, reforzando sus anteriores “pérdidas de objeto” (pérdida del pecho, pérdida del biberón, etc.). La ansiedad y la depresión del infante se expresan, primordialmente, en la actitud hacia el alimento, la cual, a su vez, expresa su relación con la madre. Pero ambas, relación hacia la madre y hacia el alimento, están profundamente influidas por la ansiedad persecutoria y la ansiedad depresiva, las cuales nacen de internas fantasías.

Lo primero que debemos poner en claro es que, en el lenguaje psicoanalítico, “fantasía” no coincide con la fantasía tal como ésta se entiende en el lenguaje corriente. Los traductores al inglés de Freud distinguen ambos términos escribiendo “phantasy”, en lugar de “fantasy”; en otros idiomas parece que se tiende a conservar esta diferencia empleando la palabra “fantasma”, en lugar de fantasía. La palabra fantasía tiene el inconveniente de sugerir “una cosas que no es real”, cuando, por el contrario, el “fantasma”, en sentido psicoanalítico, tendría poderosa realidad; forma parte de la “realidad psíquica” sobre la que tanto insistió Freud.

Freud demostró que para entender tanto el significado de los sueños como la psicodinámica de la neurosis, no hay otro remedio que admitir la existencia de una “realidad psíquica dinámica”, con sus leyes propias. Se vio forzado a aceptar la existencia de esta “realidad psíquica” en virtud de la interpretación de los sueños y de su propio análisis. Ambas experiencias le hicieron perder la confianza en lo que el enfermo comunica sea siempre comprobable, esto es, real (Bally). Freud reconoce “en la realidad psíquica, una forma especial de existencia que no debe confundirse con la realidad material” (Gesamtausgabe. Imago, Londres, II-III, 625).

Para Susana Isaacs, “fantasía es el corolario mental del instinto. No hay impulso o pulsión instintiva o respuesta que no se experimente como fantasía inconsciente”. Ahora bien, para comprender estas “fantasías inconscientes” tenemos que convertirlas en palabras: “no podemos describirlas o discutirlas, sin hacerlo” (Susana Isaacs). Aquí tropezamos con el nudo gordiano clave de esta cuestión. Ya Freud señaló que todo el comienzo de la vida mental tenía un carácter alucinatorio. La realidad experimentada por el niño la viva con carácter de realidad absoluta, indubitable, realidad alucinada. Y, además, omnipotente. El niño no piensa: “Quiero esto”, por ejemplo, alimento o madre, sino “Tengo esto, dentro de mí”, es decir, estas dos cosas: madre o alimento. Su impulso agresivo no se traduce por: “Quiero destruir”, sino como algo que destruye realmente. Si la madre desaparece, su primer pensamiento, o mejor dicho “fantasía”, es que “ya no volverá a verla”; si la madre le causa dolor, su “fantasma” tendrá como contenido: “ser muerto por la madre”. Si esto se reitera, surgirá el fantasma de la “madre vengativa”, o de la “madre cruel”, o de la “madre asesina”. [...]

Para entendernos nosotros sobre estas fantasías infantiles, tenemos que verterlas en palabras. Ahora bien, las palabras no sólo no son idénticas con los “fantasmas” inconscientes, sino que, a mi modo de ver, son, hasta cierto punto, antagónicas con ellos, casi sus mortales enemigos. Algo ocurre, evidentemente, en el niño de pocos meses, en tanto se fragua su inteligencia, se desarrolla la capacidad de “formalización” (Zubiri) de su sistema nervioso, en tanto comienza a adquirir, muy poco a poco, su capacidad de “hacerse cargo de la realidad”. Al querer captar este “algo” bajo supuesto de “fantasmas”, a los cuales, nosotros, adultos, damos expresión verbal, producimos, indudablemente, una enorme deformación de la realidad. Ahora bien, no hay disyuntiva: si esta deformación nos quedamos sin saber lo que pasa. Y lo que pasa es de trascendental importancia para la “constitución” del hombre, para su futuro enfermar, para la forma en que ha de ser capaz de establecer sus relaciones interpersonales, de desarrollar su inteligencia y hasta para su destino personal. [...]

El estado de conciencia va vinculado con el lenguaje y, como recuerda Bally, si al principio Freud pensó que las percepciones del niño eran “inconscientes”, luego se dio cuenta de que esto era falso. [...]

Tenemos que verter en palabras, es decir, en instrumentos de nuestro mundo de adultos, una cosa que no sabemos lo que es y que denominamos también con una palabra: “fantasma”. Las deformaciones que resultan son nuestra única forma de aproximarnos a ese mundo ajeno al nuestro. Aquí, el lenguaje científico adquiere, de pronto, caracteres de lenguaje fabuloso, como de Alicia en el país de las maravillas, pese a su aparente monstruosidad. El mérito de Melanie Klein y de su escuela es el de haber osado desafiar las convenciones de nuestra concepción del mundo, la del mundo de los adultos, para adentrarse, aun produciendo “artefactos” deformadores, en una realidad que, de otro modo, no nos sería accesible en su esencia.

La importancia de estos “fantasmas” infantiles radica en que, en contra de lo que algunos creen, no sólo existen también en el adulto, en situaciones patológicas, “neuróticas”, sino que forma parte constitutiva de toda conducta normal.

No desaparecen con la infancia, sino que están ahí, en todos nosotros, sirviendo de respaldo, fondo o substrato a todo cuando hacemos: son ellos los que determinan nuestra forma de andar, el gesto de desvío que iniciamos cuando alguien se aproxima demasiado a nuestro cuerpo, el tono de nuestra voz cuando interpelamos a alguien con cariño o con encono, los que intervienen cuando nos negamos a ver una realidad dolorosa que nos concierne, etc. [...] Por esta especial hipersensibilidad que debemos a estas inconscientes fantasías, seleccionamos involuntariamente ciertos aspectos de la realidad y, por ello, en general, cuando se habla de un “trauma psíquico”, nunca se tiene lo bastante en cuenta hasta qué punto esta situación traumática ha sido casi como “buscada” o “procurada” por esta especial atención inconsciente que nuestros más íntimos “fantasmas” dirigen a aquel sector de la realidad que precisamente puede sernos ofensivo o doloroso. [...] La relación del enfermo con su analista tiene casi toda ella lugar en el área de la fantasía inconsciente (Susana Isaacs). Es éste el mejor dispositivo experimental que nos permite comprender todo el alcance de estos “fantasmas” de la infancia, al aparecer durante la relación transferencial el impulso a repetir situaciones infantiles y a dar expresión activa (acting out) a los hábitos o pautas neuropsíquicas originadas en las primeras relaciones interhumanas. [...]

El recién nacido no sólo suscita la ternura, sino también, además, con tremenda y automática fuerza, en las personas que lo rodean, el deseo de “transmitirle” las propias, profundísimas, “pautas de convivencia”. Esto es, los propios “fantasmas”. Ya desde el primer momento se le quieren inculcar las minúsculas prohibiciones, aquellos “tabúes” que existían ocultos en nosotros sin que ni siquiera lo sospecháramos, y no sólo con palabras, sino con los ademanes y actitudes del cuidado. Es algo que, aun haciéndolo el adulto en forma totalmente inconsciente, no por ello deja de obedecer a un impulso menos poderoso. Si, por casualidad acertamos a reconocerlos, podemos suponer que estos “fantasmas” son nuestros, personales. En realidad, en gran parte, son “fantasmas”, a su vez, transmitidos, grabados en lo más profundo de nuestro ser y que ahora, ante el estímulo que constituye la existencia del ser recién nacido, resucitan vigorosos, tratando de perpetuarse. No es exagerado decir, por tanto, que el hombre está hecho, no ya, como afirmaba Shakespeare, “de la misma sustancia que sus sueños”, sino en forma mucho más radical y profunda, “el hombre está hecho de la sustancia de los sueños de los demás”. Estamos constituidos por los “fantasmas” que los otros nos transmiten.

Lo verdaderamente grave es que, con esta transmisión de “fantasías” inconscientes, insensiblemente orientamos, “organizamos” en la formalización incesante del sistema nervioso en crecimiento la “capacidad del futuro hombre de hacerse cargo de la realidad”: esto es, organizamos la estructura témporo-espacial dentro de la que va a inscribirse su percepción de la realidad, modulándola secretamente. Probablemente la diferenciación del sistema nervioso, su “formalización”, prosigue su camino, desplegándose tan sólo por el impulso embriológico y genético, con arreglo a las cualidades heredadas. Pero la organización modulada de este desarrollo biológico se hace como resultado de las primeras relaciones interhumanas. Así nos será fácil comprender esta afirmación tan exacta de Susana Isaacs: “El pensamiento ajustado a la realidad no puede operar sin fantasías inconscientes que lo soportan y convergen con él”. Sabemos que hay algo más que una metáfora en las expresiones “tragarse los libros”, “comérsela con los ojos”, digerir un texto”, etc. Sobre la importancia de las “fantasías inconscientes” en la actividad creadora se ha escrito mucho.»

[Rof Carballo, Juan: Urdimbre afectiva y enfermedad. Barcelona: Editorial Labor, 1961, p. 129 ss.]

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